Was tun gegen Prüfungsangst

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Nicht nur Schüler und Studenten müssen sich Prüfungen stellen, um ihr Wissen zu beweisen, auch immer mehr „reifere Semester“ studieren oder absolvieren Aus- und Fortbildungen mit einer abschließenden Prüfung. Oft ist die Prüfung nicht nur der Höhepunkt einer Lernphase, sondern auch der Höhepunkt an Stress und Anspannung. Was also hilft gegen Prüfungsangst?

Entspannt an die Prüfung herangehen

Ich empfehle Ihnen, entspannt an die Prüfung heranzugehen. Ich ahne gerade Ihr gequältes Lachen, vor allem dann, wenn Sie ohnehin mit Prüfungsangst zu tun haben. Aber keine Sorge, das ist in einem gewissen und guten Maß möglich. Hier einige Tipps, wie Sie Entspannung vor und in Prüfungssituationen herstellen:

  • Gönnen Sie sich jede Woche mindestens einen lernfreien Tag. An diesem Tag sollten Sie nichts lernthemenbezogenes lesen, nichts wiederholen, sondern sich lediglich Dingen widmen, die Ihnen gut tun und Spaß bereiten.
  • Unterziehen Sie Ihre Befürchtungen – denn auf denen basiert ja jede Prüfungsangst – einer kritischen Überprüfung. Was genau befürchten Sie, wenn Sie an eine Prüfungssituation denken? Dass Ihr Kopf wie leer gefegt ist und Ihnen nichts mehr einfällt? Dass die Prüfer Sie wegen falscher Antworten vorführen? Nehmen Sie diese Befürchtungen ernst, aber bewerten Sie sie kritisch. Dazu können Sie auf Ihre Erfahrungen zurückgreifen: Saß ich jemals in einer Prüfung und wusste gar nichts mehr? Wurde ich jemals in einer Prüfung böse vorgeführt? Wenn Ihre Befürchtungen nicht auf Erfahrungen beruhen, prüfen Sie kritisch, wie wahrscheinlich ihr Eintreten ist – und berücksichtigen Sie dabei, dass Sie sich gerade gut und systematisch auf die Prüfung vorbereiten. Sie werden sehen, dass Sie Ihren stark emotional gefärbten Befürchtungen mit kleinen Überlegungen schnell den Wind aus den Segeln nehmen können!
  • Viele haben vor Prüfungen das Gefühl, dass der Prüfer sowieso eine bestimmte Quote durchfallen lassen möchte, dass er oder sie Ihnen sowieso nur vorhalten will, was Sie nicht können. Achtung: Das ist nur Ihre Interpretation und Bewertung der Prüfung! Drehen Sie den Spieß um und bewerten Sie die Prüfung neu: „Ich bin gut vorbereitet und ich freue mich, mein Gelerntes in der Prüfung zeigen zu können.“ oder „Ich habe alle wichtigen Themenbereiche gelernt und wiederholt. Ich freue mich darauf, die Prüfung zu bestehen, um dann mein Ziel X weiter verfolgen zu können.“
  • Einige haben Horrorvorstellungen von Prüfungen und malen sich aus, wie sie bereits über ihre eigenen Füße in den Prüfungsraum stolpern, die Prüfungsfragen in ihrem Kopf Ping-Pong spielen ohne dass sich eine Antwort formen würde, der Blick des Prüfers, der ihn durchbohrt, da sie weder schreiben noch sprechen. Solche Bilder lähmen Sie bereits in der Lernphase. Deponieren Sie sie in einer imaginären, fest verschlossenen Box in der hintersten Ecke des Dachbodens. Es ist Zeit für neue, positive Bilder. Malen Sie sich aus, wie Sie eine Prüfungsfrage hören oder lesen, wie Sie sich fühlen, weil Sie darauf so viel antworten könnten. Sie genießen es, die wichtigsten Informationen auszuwählen und sauber als Antwort zu formulieren. Am Ende der Prüfung verlassen Sie den Prüfungsraum mit einem Lächeln und freuen sich auf die Belohnung, die Sie sich versprochen haben. Sie merken schon, es handelt sich hier um zwei völlig unterschiedliche fiktive Szenarios, die aber den Ausgang der tatsächlichen Prüfung maßgeblich mitprägen werden.
  • Zur Entspannung trägt auch bei, wenn die Prüfung ein wenig kalkulierbarer wird. Erkundigen Sie sich, welche Themen der Prüfer oder die Prüferin in vergangenen Prüfungen abgefragt hat, was er oder sie dort erwartet hat, aber auch was seine eigenen Lieblings- und Kernthemen Sie können auch direkt beim Prüfer nach ergänzender Fachliteratur fragen, die er für sinnvoll erachtet. Bei dicken Büchern auch nach relevanten Kapiteln. Manchmal ist es auch möglich, sich vorab bei ihm oder ihr zu erkundigen, auf welchen Lernthemen Sie einen Schwerpunkt setzen sollen. Oft geben Prüfer Tipps, welche Themen Sie nicht lernen müssen und worauf Sie sich konzentrieren sollten. Der persönliche Kontakt vor mündlichen Prüfungen hat noch einen weiteren Vorteil: Jemanden, den man mag und etwas besser kennt, lässt man nicht gern durchfallen.

Hier konkrete Tipps für schriftliche Prüfungen

  • Lesen Sie die Aufgaben als erstes sorgfältig durch, damit Sie sich die Prüfungszeit gut einteilen können. Drehen Sie den Aufgabenzettel auch um, um sicherzustellen, dass Sie keine Aufgaben übersehen.
  • Beantworten Sie die Fragen zuerst, bei denen Sie sich sicher fühlen und die genügend Punkte bringen.
  • Wenn es nicht gut läuft: möglichst viele Punkte machen und Fragen, die Sie absolut nicht beantworten können erst einmal beiseite lassen.
  • Achten Sie bei schriftlichen Darstellungen auf eine gute Gliederung und eine verständliche Darstellung. Machen Sie sich kurz Notizen zu den wichtigsten Punkten und deren Reihenfolge. Unterstreichen Sie wichtige Wörter, nutzen Sie Zwischenüberschriften. Auch eine gute Rechtschreibung hilft, den Eindruck positiv zu gestalten.
  • Bei Berechnungen prüfen Sie bitte typische Flüchtigkeitsfehler. 2 mal 3 sind 6 und 2 plus 3 sind 5. Im Eifer des Gefechtes kann man das Symbol schon einmal verwechseln.
  • Bei Prüfungen am Bildschirm: Verschaffen Sie sich zunächst einen Überblick, holen Sie die „leichten Punkte“ über Fragen, die Sie schnell beantworten können, und beantworten Sie dann erst die Fragen, bei denen Sie sich unsicher sind.

Mit diesen Tipps kommen Sie auch gut durch mündliche Prüfungen:

  • Gehen Sie mit der positiven Einstellung in die Prüfung, dass Sie die Fragen beantworten können.
  • Die Prüfung fängt bereits mit dem Betreten des Raums und der Begrüßung an. Seien Sie freundlich und zeigen Sie, sich selbstbewusst. Glauben Sie mir: Prüfern machen Prüfungen mit einem freundlichen, positiv gestimmten Prüfling mehr Spaß, als mit einem, der schon in „Verliererpose“ den Raum betritt.
  • Seien Sie Sie selbst! Das heißt Sie können die Prüfungssituation aktiv mitgestalten. Ich habe manche mündliche Prüfung mit einem kleinen Witz begonnen. Die Leichtigkeit und Entspannung, die dadurch (übrigens auf beiden Seiten!) entstand, hat die gesamte Prüfungszeit angehalten.
  • Zu manchen Fragen fallen einem zu viele Informationen ein. Nehmen Sie sich die Zeit, Ihre Gedanken erst einmal zu sortieren.
  • Wenn die Frage sehr offen gestellt ist und Sie sich unsicher sind, welche Antwort der Prüfer hören möchte, dann äußern Sie diese Überlegung laut: „Das ist eine sehr breit gefasste Frage auf die es keine einfache, klare Antwort gibt. Hier spielen die Themen A, B und C rein. Möchten Sie, dass ich alle Punkte beleuchte?“
  • Ihnen fällt zu einer Frage gar nichts ein oder Sie wissen die Antwort nicht? Lenken Sie die Frage geschickt in einen eng verwandten Themenbereich: „Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Frage richtig verstanden habe. Möchten Sie wissen …?“ Manchmal folgen die Prüfer dann Ihrem Fragenvorschlag oder sie gehen zu der Ursprünglichen Frage zurück und erläutern sie soweit, dass Sie eine Idee bekommen, was der Prüfer dazu gerne hören möchte.
  • Wenn Sie eine Frage absolut nicht beantworten können, gehen Sie offen damit um. Der Prüfer wird Ihnen dann ggf. Hilfestellungen geben oder rasch das Thema wechseln. Schließlich will er wissen, was Sie können und nicht, was Sie nicht können.
  • Nutzen Sie die Fachsprache und demonstrieren Sie punktuell tieferes Wissen.
  • Bei unfairen Fragen dürfen Sie sich freundlich wehren. Machen Sie darauf aufmerksam, dass die Frage nicht zum geprüften Themenbereich gehört. Während meines Informatikstudiums hatte ich als Anwendungsfach Medizin. Als der Prüfer mir Fragen für Mediziner mit „Da kommt ein Patient zu Ihnen…“ begann, antwortete ich kess: „Ich bin Informatiker, zu mir kommt ganz bestimmt kein Patient.“ Damit war die Frage vom Tisch.

 

Mit diesen Methoden sollten Sie Ihre Prüfungsangst in den Griff bekommen und entspannter in die Prüfung gehen können. Aber keine Sorge: Wenn Sie am Ende immer noch ein wenig nervös und aufgeregt sind, ist das vollkommen in Ordnung. Genauer gesagt: Ein wenig Aufregung und Lampenfieber ist richtig gut.

Die amerikanischen Psychologen Robert Yerkes und John Dodson haben bereits 1908 nachgewiesen, dass es einen Zusammenhang zwischen Stresslevel und Leistungsfähigkeit gibt. Wenn wir ein mittleres Stressniveau erreicht haben, sind wir besonders leistungsfähig. Zu wenig und zu viel Erregung und Adrenalin wirken sich dagegen negativ auf die Leistungsfähigkeit aus.

Blog_Pruefungen_Kurve

Auch wenn Herzklopfen und feuchte Hände eher als lästig empfunden werden: Auch sie tragen zu Ihrem Erfolg bei. Bekämpfen Sie diese Rest-Aufregung also nicht, sondern verstehen Sie als gesunde Begleiterscheinung einer Prüfungssituation.

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