Blickwinkel Änderung

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Was versteht Jürgen Wulff unter Strategie?

Das Wort Strategie wird inzwischen ja inflationär verwendet. Es gibt Wirtschaftsstrategien, Unternehmenssstrategien, Produktstrategien, Marketingstrategien, Bewerbungsstrategien, persönliche Erfolgsstrategien usw. usw. Daher erscheint es mir angemessen, die wichtigen Grundpfeiler meiner Strategie, die ich im Coaching über die Jahrzehnte erarbeitet habe, hier zu erläutern, bevor, wir konkrete Modelle und Vorgehensweisen anschauen.

Zunächst einmal: auch wenn der ethymologische Wortursprung aus dem militärischen Bereich kommt, ist das, was ich als Strategie propagiere nicht militärisch gemeint. Und auch wenn es Fälle gibt, in denen man sich einmal durchsetzen muss oder auch sehr deutlich abgrenzen, ist mein Ansinnen doch immer konstruktiv und auf ein Miteinander ausgerichtet. Das bedeutet nicht immer Harmonie aber Menschen sollen nicht zu Schaden kommen – weder geistig noch seelisch und schon gar nicht körperlich.

Wesentliche Elemente, die ich in einer Strategie berücksichtigt sehen möchte, sind folgende:

In eine andere Richtung zu blicken kann befreiend wirken.

Wenn jemand zu mir ins Coaching kommt, hat er meist eine feste Sichtweise auf die Situation. Er oder sie hat sich eine Meinung oder Überzeugung zu etwas gebildet und sieht häufig andere in der Verantwortung für die (verfahrene) Situation oder hält sich selbst nicht für fähig, einen Zustand befriedigend zu verändern. Durch das genauere Betrachten der Situation von unterschiedlichen Seiten und aus unterschiedlichen Perspektiven ergeben sich häufig automatisch neue Ansatzpunkte zur Lösung und damit auch gleichzeitig neue Motivation. Mir ist es wichtig, eingefahrene Sichtweisen zu durchbrechen

Der Hund liegt oft woanders begraben als vermutet

Bevor eine Blickwinkel-Änderung erfolgen kann, geht es darum, sich zunächst einmal in der aktuellen Situation zu orientieren. In welcher Lage genau befinde ich mich eigentlich und wie bin da hinein gekommen? War es ein schleichender Prozess über Wochen, Monate oder gar Jahre oder hat es sich ganz plötzlich ergeben? Wo und wann und wie ergeben sich die Probleme? Gibt es andere Beteiligte oder bin ich nur allein betroffen? Was habe ich schon versucht, um die Situation zu verändern und was ist dann passsiert? Wie denke ich über die Situation, wie bewerte ich sie und was fühle ich? Wer hat bzw. trägt die Verantwortung und wie sieht die Verteilung der Verantwortung aus? Fragen über Fragen, aber die haben es in sich. Hier liegt die Kunst des Coaches, die richtigen Fragen zu stellen, einerseits um den Coachee die Gesamtsituation gründlich analysieren zu lassen, andererseits aber auch, um selbst ein Bild von der Lage zu erhalten. So entsteht ein genaues Bild der Situation und des Problems und so kann ich die für die Lösungssuche und Entscheidungsfindung besten Methoden auswählen und – wo nötig – und gewünscht auch eigene Ideen und Überlegungen einbringen.

Sie haben das Rezept

Die Lösungssuche baut auf den bisherigen Lösungsversuchen auf und folgt dem alten Motto „Akzeptieren, Verändern oder Verlassen“.

Ich gehe mit dem Coachee die möglichen Lösungen durch, hier ist durchaus auch Kreativität angebracht. Mit etwas Humor lässt sich die Lösungssuche und die Bewertung der Ideen auch unterhaltsam gestalten und die humorvolle Betrachtung hilft gleichzeitig, den Druck aus der Sache zu nehmen. Wenn man sich vorstellt, mit Boxhandschuhen „bewaffnet“ der unbeliebten Kollegin einfach mal die Meinung zu sagen und dann in Siegerpose aus dem Raum zu gehen, ohne dass man die Boxhandschuhe wirklich gebraucht hätte, kann das schon erheiternd und blockadelösend sein. Natürlich kommen dann doch lieber die ernsthaften und wirklich brauchbaren Lösungen in die nähere Auswahl und werden unter verschiedenen Kriterien bewertet. Hier ist wirklich strategisches Denken gefordert, denn schließlich geht es um eine Lösung, die auch Bestand hat und möglichst nicht zu neuen Problemen führt.

Außerdem ergibt sich hier immer wieder, dass ein Problem hinter dem Problem exisitert. Wenn jemand zum Beispiel eine Lösung für den Umgang mit einem schwierigen Mitarbeiter sucht, kann sich herausstellen, dass es eigentlich darum geht, wie er oder sie mit Zurückweisung und Kritik umgeht oder derjenige sich so aufführt wie der eigene Vater und eine fatale Regression stattfindet. Dann geht es darum, dieses eigentlich Ursachenproblem zu lösen, um nicht nur für die aktuelle Situation mit dem Mitarbeiter sondern eine ganze Reihe von möglichen zukünftigen Situationen souverän bestehen zu können.

Manchmal ist hier meine Rolle als Coaches aber auch so, dass ich den Coachee darauf hinweise, dass er oder sie zu viel will. Die perfekte Lösung, in der alles, aber auch wirklich alles zur absoluten Zufriedenheit gelöst wird. Dann ist dies vielleicht auch schon die Ursache manches Problems, dass ein Coachee mitbringt. Es kann ganz schön desillusionierend sein, wenn man feststellt, dass es keine wirklich gute Lösung gibt, jedenfalls keine perfekte.

Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Coach

Auch wenn es häufig darum geht, kurzfristige Lösungen zu erarbeiten, so sollte dabei immer auch der Blick in die mittelfristige und langfristige Zukunft gehen. Somit teste ich zusammen mit dem Coachee die möglichen Lösungsansätze auf Tauglichkeit in mehrfacher Hinsicht: Was heißt das für die nahe Zukunft, wie wird es sein, wenn der Zielzustand erreicht ist und welche langfristigen Auswirkungen ergeben sich. Zu berücksichtigen ist auch, dass es kaum eine Lösung gibt, die nicht auch „Risiken und Nebenwirkungen“ hat oder auch Nachteile beinhaltet. Diese lassen sich in der langfristigen Betrachtung gut identifizieren und bewerten. Bin ich bereit, diese in Kauf zu nehmen?

Sie bestimmen den Preis

Alle gefundenen Lösungen müssen schließlich umgesetzt werden und da kommt die Ressourcenfrage ins Spiel. Wie viel Zeit, Mühe, Nerven, Aufwand, Konzentration, Geld, Einsatz kostet das Ganze und habe ich diese Ressourcen bzw. bin ich bereit den Preis für diese Lösung zu zahlen.

Meditation und Realität

Ich empfehle, sich mit einer positiven Grundstimmung, zumindest aber einer neutralen, (er)forschenden Haltung an Situationen heranzubegeben und dann zu schauen, was sich ergibt. Dabei meine ich nicht das rosarot gefärbte, „Alles ist super!“ oder „Ich bin ja so dankbar“-Gefasel, was heute so verbreitet scheint, also das Schönreden von real nicht so schönen Situationen. Das führt meiner Erfahrung nur zu kognitiver Dissonanz, Reden und tatsächliches Handeln weichen deutlich voneinander ab und es kommt zu Störungen im Gefühlserleben. Ich halte diese rosarote Brille für eine genauso wirklichkeitsverzerrende Selbsttäuschung wie das weitverbreitete Schwarzsehen, wo eine Konzentration auf die negativen Aspekte stattfindet und ein Grundpessimismus vorherrscht. Wer so negativ gestimmt an eine wichtige Aufgabe herangeht, hat gleich schlechtere Chancen, das Gewünschte zu erreichen und fühlt sich – quod erat demonstrandum – gleich wieder in seiner eigenen Schwarzseherei bestätigt. Die Welt ist in meinen Augen weder rosarot noch rabenschwarz, nicht ja oder nein, sie ist bunt und abgestuft, mal ja, mal nein und häufig auch vielleicht. Mal läuft es überraschend gut, mal geht einfach auch alles daneben. Das lässt sich nicht ändern und es lässt sich auch im Vorwege nicht alles voraussehen und planen. Was aber möglich ist: mit einem gesunden, realitätsgetriebenen Grundoptimismus an die Dinge heranzugehen, sich in einen möglichst guten Zustand zu versetzen und sein Bestes zu geben. Emotions- und Zustandsmanagement sind wichtige persönliche Kompetenzen, die helfen, wenn es an Herausforderungen geht oder darum. Erlebtes zu verarbeiten. Daher erhältt in meiner Coaching-Strategie auch immer die innere Einstellung und das Gefühl zur Sache oder Herausforderung einen wichtigen Stellenwert. Das Gefühl ist ein guter Gradmesser und ein Korrektiv, es zeigt, ob etwas schon für machbar gehalten wird, ob noch etwas zu lernen ist oder ob man von einer Sache besser die Finger lässt.

Was Sie ab jetzt bewegt

Aus all dem Gesagten ergibt sich quasi automatisch neue Motivation. Es geht darum, in Bewegung zu kommen und aus einer Sackgasse, einer verfahrenen Situation oder einem Stillstand herauszukommen. Und hier liegt ja auch der Urspung des Wortes Motiv: Beweggrund.

Und dann ist da noch die Rolle des Coaches, der durch sein hohes Vertrauen in den Coachee, die Herausforderungen zu meistern, einen weiteren Motavationsschub verursacht. Hier könnte ich mit leichter Selbstironie anmerken, dass es doch schön ist, dass auch der Coach neben der Steuerung des Prozesses, guten Fragen auch noch einen weiteren Part übernehmen kann. Für irgendetwas muss der Coach ja auch gut sein *Augenzwinker*.

Aber in der Tat ist die Motivation, den nächsten Schritt in seinem Leben zu gehen, das Wichtigste, was ein Mensch im Coaching erfahren kann. Und das Schönste, was der Coach erfahren kann, ist wenn der Coachee merkt, dass er oder sie den Coach gar nicht mehr braucht, weil er oder sie die Kraft der Motivation zukünftig aus sich selbst herausholt und sozusagen über sich selbst hinauswächst.

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