Kann man achtsam morden? – Buchempfehlung

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Was ist schöner, als nach einem anstrengenden Arbeitstag mit einem Buch zu entspannen, bei schönem Wetter auf einer Parkbank und bei Regenwetter zu Hause auf dem Sofa. Aber muss es immer Fachliteratur sein? Nein, das ist nicht notwendig. Auch Unterhaltungsliteratur kann amüsant und lehrreich zugleich sein. Das jedenfalls verspricht die Lektüre von „Achtsam morden“ von Karsten Dusse.

Zum Inhalt: Anwalt Björn Diemel wird von seiner Frau gezwungen, ein Achtsamkeits-Seminar zu besuchen, um seine Ehe zu retten und sich als guter Vater zu beweisen. In der Tat ist seine Work-Life-Balance aus den Fugen geraten: Er hat einfach zu wenig Zeit für seine Familie. Das Seminar trägt tatsächlich Früchte und Björn kann das Gelernte sogleich in seinen Job integrieren. Allerdings nicht auf die erwartete Weise. Denn als sein Mandant, ein brutaler Großkrimineller, beginnt, ihm ernstliche Probleme zu bereiten, bringt er ihn um ― und zwar nach allen Regeln der Achtsamkeit. Auch die Probleme, die sich dadurch ergeben, löst Diemel auf achtsame Weise.

Das Buch ist gleich in mehrerlei Hinsicht originell:

1. Ein richtiger Krimi

Die abenteuerliche Geschichte des Anwalts, der das Geschäft seines toten Mandanten übernimmt, ist schlicht amüsant zu lesen. Selbst wenn es mal blutig oder brutal wird, dann wirkt das durch die sachliche Schilderung nur wenig gruselig. Die Absurdität entsteht durch die unerwartete Anwendung der Regeln der Achtsamkeit.

2. Menschen die Schippe genommen

Alle möglichen Gesellschaftsgruppen, Organisationen und unsere Welt im Allgemeinen werden auf die Schippe genommen. Ob nun Anwälte – dazu hat Autor Karten Dusse, der selbst Anwalt ist, schließlich alle Berechtigung und offensichtlich detailliertes Wissen 😉 -, Yuppie-Startup-Gründer, die Globalisierung, krakenhafte Verbrecherkartelle, Kindergärten mit ihren absurden Assessments oder scheinbar ganz normale Menschen. Bei allem findet Dusse Merkwürdigkeiten, Ungereimtheiten und Absurditäten und beschreibt sie in sachlich-sympathischer Art immer mit einem Augenzwickern. Man möchte dem Autor immer wieder zustimmen: „Ja, genau so ist es!“

3. Achtsamkeit

Und schließlich: Ja, man lernt auch etwas über Achtsamkeit. Der fiktive Ratgeber „Entschleunigt auf der Überholspur. Achtsamkeit für Führungskräfte“, den der Autor seinen Protagonisten lesen lässt, hätte es tatsächlich verdient, veröffentlicht zu werden. Jedenfalls sind die Tipps gut nachvollziehbar, wenngleich der Autor vielleicht nur genüsslich aus anderen ähnlichen Ratgebern zitiert und man sich nicht sicher sein kann, ob das alles wirklich ernstgemeint ist.

Fazit

Ein amüsantes Buch, dass trotzdem zum Nachdenken anregt und den Leser ungewohnte Perspektiven einnehmen lässt. Für Führungskräfte, die sich in einem ähnlichen Hamsterrad wie der Protagonist befinden, enthält das Buch mehr als einen guten Tipp zur Entschleunigung. Aber: vom Morden, und sei es noch so achtsam, ist dann doch abzuraten.

Achtsam morden ist im Juni 2019 bei Heyne erschienen, der Nachfolgeroman ist im Mai 2020.

 

 

 

 

 

 

Alle Folgen von Orientierungszeit finden Sie hier:

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